Klimawandel und Land-Grabbing: das Beispiel Mekong

Ob im Bergbau, der Landwirtschaft oder im Holzsektor: Land- und Waldverbrauch nehmen weltweit zu. Transnationale Unternehmen und Investoren sichern sich die Ressourcen unter anderem mit umfangreichen Landnutzungs-Konzessionen. Vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern. Das beschleunigt die Entwaldung – und ist mithin eine der wichtigsten Quellen für Kohlenstoff-Emissionen: Durch Rodungen in Entwicklungsländern wird weltweit etwa gleich viel CO2 ausgestossen wie durch den gesamten Transportsektor, Flugverkehr inklusive. Ein CDE-Forschungsprojekt am Mekong zeigt, wie Land-Grabbing und Entwaldung zusammenhängen – und was das für die globalen Bestrebungen, den Klimawandel zu bekämpfen, heisst.
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Kautschukplantagen in Laos. ©National Geographic Department, Lao PDR

 

Gaby Allheilig, Micah Ingalls

Wälder schützen und wieder aufforsten, ist zu einem der globalen politischen Schlüsselziele geworden. 2015 wurde mit dem Pariser Klimaabkommen diesbezüglich ein wichtiger Meilenstein erreicht: Das Programm zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen aus Rodungen und Waldzerstörung plus Wiederherstellung, Schutz und nachhaltiger Bewirtschaftung des Waldes, REDD+, wurde in den Vereinbarungen verankert. Besondere Verrechnungsmechanismen sollen dafür sorgen, dass Entwicklungs- und Schwellenländer belohnt werden, die ihre Wälder schützen und wiederherstellen.

REDD+ in unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs

Zahlreiche Staaten haben in den letzten Jahren damit begonnen, nationale REDD+-Programme auszuarbeiten. Allerdings tun sie dies nicht alle in derselben Geschwindigkeit. Das stellt die Fähigkeit von REDD+, jene Kohlenstoff-Emissionen zu dämpfen, die auf das Konto von Rodungen und Waldzerstörung gehen, vor eine grosse Herausforderung.

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Intensive Landwirtschaft in Vietnam. ©Phuong Nguyen

Verlagerung in andere Länder

Denn die Unternehmen und Investoren, deren Erzeugnisse bzw. Handel auf einem hohen Land- und Waldverbrauch beruhen, haben zunehmend Mühe, verfügbare Land- und Waldressourcen aufzutreiben. In der Praxis hat dies oft zur Folge, dass sie ihre Aktivitäten verlagern: von Ländern, die beim Schutz und Wiederherstellung ihrer Wälder weit fortgeschritten sind – und folglich Zahlungen aus dem REDD+-Programm erhalten – in Staaten, deren Waldschutz (noch) in den Kinderschuhen steckt.

Beispiel Mekong-Region verdeutlicht Problem

Dies hat sich in der Region Mekong (Vietnam, Laos, Kambodscha) bestätigt. Wissenschaftler unter der Leitung des CDE haben dort untersucht, wie und warum genau sich Landnutzung und Entwaldung verschieben. Vietnam hat sehr rasch auf das REDD+-Programm reagiert. Laos hingegen, 2010 noch zu 40 Prozent bewaldet, dürfte bis 2020 – so Schätzungen – beispielsweise 67'000 Hektar Wald pro Jahr verlieren – zugunsten von Kautschukplantagen oder anderen flächenintensiven Bewirtschaftungsformen wie der Landwirtschaft.

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Entwaldung und Kautschukkonzessionen in Kambodscha

Wald unter Druck

Dass der Wald in Laos und Kambodscha unter Druck geraten ist, ist einerseits den exponentiell wachsenden Exporten von Rohstoffen und Halbfertigprodukten aus dem Primärsektor geschuldet. Andererseits tragen vietnamesische Firmen, die in den Nachbarstaaten in grossem Umfang Landkonzessionen erwerben, massgebend dazu bei. So geht man davon aus, dass in Kambodscha derzeit über 405'000 Hektar Kautschukplantagen in vietnamesischer Hand sind.

Waldzerstörung oder Armutsbekämpfung?

Die Forschenden haben nachgewiesen, dass die beiden Entwicklungen – der zunehmende Handel mit waldschädigenden oder -zerstörenden Produkten sowie Landkäufe von ausländischen Investoren – eng zusammenhängen. Hinzu kommt ein politischer Zielkonflikt: Kommerzielle Landwirtschaft und Plantagenwälder sind in Kambodscha und Vietnam zwar die Hauptursache für Rodungen und Kohlenstoff-Emissionen. Gleichzeitig sind sie aber die Motoren für das Wirtschaftswachstum beider Länder. Diese haben ihre Entwicklungsstrategien entsprechend ausgerichtet – mit der Begründung, damit die Armut bekämpfen zu wollen.

Für Kautschukplantagen wird Vegetation abgebrannt und Wald gerodet, Kambodscha.
Für Kautschukplantagen wird Vegetation abgebrannt und Wald gerodet, Kambodscha. ©Sinu Fogarizzu

Entwicklung steht erst am Anfang

Das Ausmass, in dem die Abholzung in der Mekong-Region grenzüberschreitend verlagert wird, stellt für REDD+ und den damit verbundenen Klimazielen ein Problem dar: Zum einen steht Vietnam erst am Anfang seines Waldschutz- und Wiederaufforstungsprogramms. Zum andern importierte China – in der Region der grösste Verbraucher von Waren, die den Waldbestand gefährden – allein im Jahr 2016 für 33 Millionen USD Güter und Rohstoffe aus Vietnam. Im gleichen Jahr kündete es an, kein Holz mehr aus seinen Naturwäldern zu ernten. Und signalisierte, dass sich sein Bedarf an Holzimporten erhöhen könnte – insbesondere aus den Mekong-Ländern.

Es gibt noch immer Hoffnung. Mit geeigneten Anpassungen wäre REDD+ in der Lage, die Abholzung zu bekämpfen und die Kohlenstoffemissionen aus Rodungen zu stoppen. Dann nämlich, wenn es gelingt, die treibenden Faktoren dafür anzugehen: die waldgefährdenden Warenströme, Land-Grabbing und den globalen Weltmarkt. Der Weg dorthin dürfte indes noch weit sein.

The transboundary displacement of deforestation under REDD+

Ingalls ML, Meyfroidt P, To PX, Kenney-Lazar M, Epprecht M. 2018

The transboundary displacement of deforestation under REDD+: Problematic intersections between the trade of forest-risk commodities and land grabbing in the Mekong region. Global Environmental Change 50:255–267.

Mekong State of Land brief

Ingalls, M.L., Diepart, J.-C., Truong, N., Hayward, D., Niel, T., Sem, T. and al 2018

Mekong State of Land. Brief. Bern, Switzerland and Vientiane, Lao PDR: Centre for Development and Environment, University of Bern and Mekong Region Land Governance, with Bern Open Publishing (BOP)

REDD+ und die Schweiz

Wie die meisten andern Industrienationen geht die Schweiz davon aus, dass sie die Treibhausgas-Reduktionsziele, zu denen sie sich verpflichtet hat, nicht allein im Inland erzielen kann. Sie stellt daher finanzielle Mittel bereit, u.a. um die Vorarbeiten und Massnahmen in REDD+-Ländern zu unterstützen.