Chancen und Risiken für Frauen in Kenias digitaler Arbeitswelt (UPDATE)

Bottom-up trainings in digital literacy for and by young people from Kibera.
Bottom-up Kurse in digitaler Kompetenz für und von Jugendlichen aus Kibera, Nairobi. Foto: Sabin Bieri


Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt auch im globalen Süden grundlegend. Damit einher geht das Versprechen auf mehr Chancen und bessere Arbeitsbedingungen. Allerdings sind diese Technologien oft mit sozialen Ungleichheiten behaftet. In Ländern, in denen die informelle Wirtschaft vor allem für Frauen eine der wichtigsten Einkommensquellen ist, können digitale Plattformen beides sein: ein mächtiger Antrieb für die Stärkung von Freiheit und Menschenrechten, aber auch eine Quelle für neue Risiken und Ausgrenzung – einschliesslich sich verstärkenden Ungleichheiten, Formen der Ausbeutung, Bedrohungen der persönlichen Rechte und Sicherheit.

Kenia, die «Silicon-Savanne»

Als Pionierland hat Kenia das geschaffen, was viele Beobachter*innen als wesentliche digitale Infrastruktur für wirtschaftliche Entwicklung und die Erreichung der SDGs ansehen. So hat die Regierung eine ehrgeizige Digitalisierungsstrategie verabschiedet, die digitale Infrastruktur stark ausgebaut und ist damit zum Vorbild für die Region und darüber hinaus geworden. Gleichzeitig sind die Prozesse und Mechanismen der Digitalisierung in Kenia derzeit durch grundlegende postkoloniale Ungleichheiten und geschlechtsspezifische Ungerechtigkeiten geprägt, die die digitale Kluft verstärkt.

Risiko der wirtschaftlichen Ausgrenzung

Expert*innen sind sich einig, dass die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den digitalen Fähigkeiten überwunden werden müssen. Denn wenn grosse Teile der Bevölkerung den Anschluss verpassen, lässt sich das von Kenia angestrebte Ziel einer «befähigten Zivilgesellschaft» (empowered citizenry), wonach in einer digitalen Wirtschaft alle erfolgreich sein können, nicht erreichen. Denn dabei geht es nicht nur um die Risiken von mangelndem Zugang zu oder Nutzung von digitalen Diensten, sondern auch um die Gefahr einer zunehmenden wirtschaftlichen Ausgrenzung.

Das Forschungsprojekt und seine Ziele

Vor diesem Hintergrund untersucht das Projekt «Updating gender dynamics for digital employment in Kenya (UPDATE)» mit einem fundierten und nuancierten Forschungs- und Transformationsansatz, wie sich verbesserte Vernetzung und Technologie auf feministische Weise neu konzipieren und einsetzen lassen. Das Projekt nimmt zwei Bereiche unter die Lupe, in denen die Digitalisierung als vielversprechend für eine nachhaltige Entwicklung gilt: a) sichere und würdige Arbeitsplätze sowie b) die Mobilisierung und politische Beteiligung von Frauen.

Die Forschung konzentriert sich auf drei spezifische digitale Anwendungsbereiche:

  • Zugang zu Beschäftigung und damit verbundenen Möglichkeiten (z. B. Ausbildung);
  • Mobilisierung, Organisation und Vernetzung untereinander und mit anderen Bewegungen;
  • Einflussnahme auf Entscheidfindung und Entwicklung von Politiken und Praktiken, die sie betreffen.

Dabei werden zunächst die Herausforderungen identifiziert, danach erfolgreiche Beispiele sowie Lücken aufgezeigt und schliesslich mögliche Wege eruiert, wie sich digitale Räume, Prozesse und Tools gestalten lassen, damit Frauen ihre digitale Resilienz verbessern sowie Strukturen und Entscheidungsprozesse beeinflussen können.

Digitale Resilienz, Selbstbestimmung und Rechte stärken

Das Wissen, das in einem transdisziplinären Rahmen generiert wird, trägt dazu bei, die digitale Resilienz von Gemeinschaften und Arbeitnehmenden in Kenia zu stärken. Ausserdem wird damit das Potenzial digitaler Plattformen besser ausgeschöpft, um die Selbstbestimmung von Frauen, ihre Rechte als Arbeitnehmerinnen, den sozialen Schutz sowie ihr politisches Engagement zu fördern.

In einem breiteren Kontext leistet diese Forschungsarbeit einen Beitrag zu den Debatten über geschlechtsspezifische Aspekte der Technologie und über die Art, wie die digitale Revolution die Arbeitsbeziehungen gestaltet und damit Geschlechternormen zementiert oder verändert.

Forschungsstandorte und -partner

Die Forschung wird hauptsächlich in Kibera durchgeführt, einer informellen Siedlung in Nairobi, wo rund 1,5 Millionen Menschen leben. Trotz schwieriger Lebensbedingungen hat die Digitalisierung hier einen Aufschwung erlebt, da die Bevölkerung Mobiltelefone in grossem Umfang nutzt und mobiles Geld zur wichtigsten Form des Zahlungsverkehrs geworden ist. Darüber hinaus wird das Projekt in Kenia weitere Fallstudien in Agglomerationen und ländlichen Gebieten mit hoher Digitalisierung durchführen.

UPDATE basiert auf einer Zusammenarbeit zwischen schweizerischen und kenianischen Forschungsinstitutionen sowie feministischen Tech-Aktivistinnen in Kenia.