Kostenwahrheit für Lebensmittel in der Schweiz (TRUE-COST)

Woman with shopping basket in grocery shop
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Die Preise für Lebensmittel, die wir im Supermarktregal sehen, spiegeln nur selten die wirklichen Kosten für die Umwelt oder die menschliche Gesundheit wider. Ökologisch schädliche oder ungesunde Lebensmittel – wie nicht nachhaltig erzeugte tierische oder zuckerhaltige Getreide-Produkte – sind für die Konsument*innen oft billiger und für die Produzent*innen profitabler.

Der Grund dafür: Die tatsächlichen Kosten solcher Lebensmittel werden «externalisiert». Sie tauchen an anderer Stelle auf, etwa in Form von Gesundheitskosten für die Behandlung von Krankheiten wie Diabetes oder als Kosten, die im Zusammenhang mit der Umweltzerstörung wie Abholzung oder Klimawandel stehen. Die wissenschaftliche Gruppe des UN-Gipfels für Ernährungssysteme schätzt, dass sich die wahren Kosten für Ernährungssysteme weltweit fast auf das Dreifache des Marktwerts von Lebensmitteln belaufen.

Erfolgversprechender Ansatz

Ein vielversprechender Ansatz, um diese komplexe Herausforderung zu bewältigen, ist die wahre Kostenrechnung für Lebensmittel (True Cost Accounting for Food, TCAF). Sie ist darauf ausgerichtet, die gesamten sozialen, ökologischen und gesundheitlichen Auswirkungen von Lebensmittelproduktion und -konsum monetär zu bewerten. Um TCAF zu berechnen, wurden zwar erste Verfahren entwickelt. Sie weisen jedoch noch grosse Lücken auf, wie z.B. die fehlende Berücksichtigung der Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit.

Auf Seiten der Politik zeichnet sich derweil ein Umdenken ab: Verschiedene Entscheidungsträger*innen scheinen bereit zu sein, eine Kostenrechnung, die die Realität widerspiegelt, ernster zu nehmen – so auch in der Schweiz. In ihrer Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 heisst es: «Damit nachhaltig produzierte Güter und Dienstleistungen wettbewerbsfähig angeboten werden können und Marktverzerrungen beseitigt werden, engagiert sich der Bund für die Herstellung von Kostenwahrheit mittels Internalisierung externer Kosten.»

Anreize für ein nachhaltiges Ernährungssystem

Vor diesem Hintergrund will das Projekt TRUE-COST dazu beitragen, das Schweizer Ernährungssystem in Richtung Nachhaltigkeit und Resilienz zu verändern, indem es Vorschläge entwickelt, wie sich eine echte Kostenrechnung für Lebensmittel einführen lässt. Das Projekt geht davon aus, dass eine angemessene Bepreisung von externen Effekten zu einer Verhaltensänderung bei den Akteur*innen entlang der Wertschöpfungsketten führen könnte.

Dazu müssen die notwendigen Rahmenbedingungen bzw. Politiken für die Berechnung und Umsetzung der Kostenwahrheit identifiziert werden. So wird es einen Mix aus Steuern und Subventionen auf verschiedenen Ebenen brauchen, um die Akzeptanz der Kostenwahrheit entlang der Wertschöpfungsketten zu gewährleisten, die die Konsument*innen in der Schweiz und darüber hinaus beliefern. Ohne weitere Forschung bleiben die vielversprechendsten Kombinationen von politischen Hebeln jedoch unbekannt.

Die Ziele dieses Projekts sind deshalb:

  1. Einen Wissenstransfer zwischen den Projektpartnern und zur breiteren Öffentlichkeit aufzubauen. Dieser schliesst ein gemeinsames Verständnis der Kostenrechnung und einer harmonisierten Methodik für die Schweiz ein.
  2. Die tatsächlichen Kosten des Schweizer Ernährungssystems durch Wirkungs- und wirtschaftliche Modellierungen, inklusive Kompensationsmechanismen, zu ermitteln.
  3. Einen Konsens über die Rolle einer echten Kostenrechnung und die erforderlichen Änderungen in den politischen Strategien zu schaffen.
  4. Sich daraus ergebende Möglichkeiten für den Privatsektor zu ermitteln, einschliesslich der Auswirkungen auf Geschäftsmodelle.
  5. Zu untersuchen, wie die Konsument*innen auf verschiedene Arten der Kommunikation über die Kostenwahrheit von Lebensmitteln reagieren.

Zusammen genommen tragen diese Untersuchungen dazu bei, dass sich die wichtigsten Interessengruppen einigen können, wie sich eine echte Kostenrechnung in der Schweiz umsetzen lässt.

Die Rolle des CDE

Am Projekt sind Wissenschaftler*innen mehrerer Hochschulen aus den Bereichen Landwirtschaft, Gesundheitswesen, Umwelttechnik, Verhaltensforschung und weiteren Disziplinen beteiligt. CDE-Forschende entwickeln zusammen mit den Partnern eine systembasierte Theorie des Wandels (Theory of change) hin zu einer echten Kostenrechnung für Lebensmittel. Sie entwickeln Transitionspfade und Szenarien für akzeptable Kompensationsmechanismen und analysieren den entsprechenden politischen Rahmen der Schweiz.